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Themenspezial EEG-Osterpaket – Teil 2: „Wir sind auf dem richtigen Weg”

Jens Secker
Autor/in:
Jens Secker
5 Minuten Lesezeit
PV-Anlage und Windräder

Anfang April hat die Bundesregierung das EEG-Osterpaket vorgestellt, um den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland zu beschleunigen. Bis 2030 sollen in Deutschland mindestens 80 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs aus Sonne, Wind und Wasserkraft bezogen werden.

Robert Habeck ist stolz auf sein Gesetz. „Das Osterpaket ist der Beschleuniger für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Wir werden den Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch innerhalb von weniger als einem Jahrzehnt fast verdoppeln.“, wird der Bundeswirtschaftsminister in der offiziellen Pressemitteilung des BMWI zum EEG-Osterpaket zitiert. Das am 6. April vom Bundeskabinett verabschiedete Paket enthält unter anderem das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das Windenergie-auf- See-Gesetz (WindSeeG) sowie das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und soll so schnell wie möglich in das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren gehen.

Für Deutschland ist das Osterpaket richtungsweisend, denn es stellt wichtige Weichen, wie der Ausbau der Erneuerbaren in den kommenden Jahren vorangehen soll. Das Gesetz verankert beispielsweise erstmals, dass „die Nutzung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient“. Durch den Ukrainekrieg hat der Ausbau der Erneuerbaren laut Habeck eine „doppelte Dringlichkeit“ erhalten: „Zum einen spitzt sich die Klimakrise zu. Zum anderen zeigt der Einmarsch Russlands, wie wichtig es ist, aus den fossilen Energien auszusteigen und den Ausbau der Erneuerbaren konsequent voranzutreiben“, sagt er.

Habeck: „Energiesicherheit und Energiesouveränität“

Für den Ausbau der Photovoltaik will die Bundesregierung neue Flächen bereitstellen, beispielsweise auf Ackerflächen. Darüber hinaus soll die Beteiligung der Kommunen bei Wind an Land und Photovoltaik ausgeweitet, windschwache Standorte verstärkt erschlossen und die Rahmenbedingungen für den Ausbau von Photovoltaikdachanlagen verbessert werden. „Insgesamt schaffen wir mit dem Osterpaket die Voraussetzungen für die Energiesicherheit und die Energiesouveränität Deutschlands. Zugleich legt es die Grundlagen dafür, dass Deutschland klimaneutral wird“, ist Habeck überzeugt.

Die Euphorie des Bundeswirtschaftsministers teilen die Erneuerbaren-Verbände nicht. Carsten Körnig vom Bundesverband Solarwirtschaft ist der Meinung, dass der Bundestag das Osterpaket noch nachbessern müsse: „Der EEG-Kabinettsentwurf setzt ambitionierte Solarziele, springt bei den Instrumenten zur Umsetzung aber zu kurz“, erklärt er im PV Magazine. Auch Urban Windelen vom Bundesverband Energiespeichersysteme ist mit dem jetzigen Gesetz nicht zufrieden, da es „keine systemischen Elemente“ aufgegriffen habe. Für den Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft besteht besonders im Bereich des Planungs- und Genehmigungsrechts noch Nachbesserungsbedarf, damit die Solar- und Windkraftanlagen schneller umgesetzt werden können.

Mehr Konsequenz bei der Energiewende

WIWIN-Gründer Matthias Willenbacher findet das EEG-Osterpaket den besten Gesetzesentwurf der vergangenen 15 Jahre: „Die Bundesregierung geht DAS wichtigste Thema unserer Zeit endlich mit der nötigen Ernsthaftigkeit an. Wären die Bundesregierungen in den vergangenen zwei Jahrzehnten mit mehr Konsequenz vorgegangen, wären wir bei der Energiewende schon in weiten Teilen bei 100 Prozent.“ Dennoch gibt es laut Matthias noch viele Punkte, die noch verbessert werden können. Bei Windkraftanlagen onshore werden aus seiner Sicht beispielsweise beim Thema „Erntefläche“ noch große Potenziale verschenkt: „Bei einer gängigen Windkraftanlage an Land werden momentan vorrangig Rotordurchmesser von 120 bis 140 Meter eingesetzt, obwohl es mittlerweile schon deutlich größere Anlagen gibt.“

Die Bundesregierung geht DAS wichtigste Thema unserer Zeit endlich mit der nötigen Ernsthaftigkeit an.

– Matthias Willenbacher, Geschäftsführer WIWIN

Auf der einen Seite gibt es dafür politische Gründe, weil Politiker/innen eher kleinere Anlagen präferieren. Auf der anderen Seite spielt die Logistik im Binnenland eine große Rolle, wie Matthias erklärt: „Größere Rotoren sind offshore schon längst im Einsatz, denn dort gibt es beim Transport wenige Einschränkungen. An Land ist das natürlich viel komplizierter, die langen Rotorblätter um jede Kurve und durch kleine Ortschaften zu bringen.“ Die Lösung sind teilbare Rotorblätter, die auch vereinzelt schon zum Einsatz gekommen sind. Aber aufgrund von technischen Herausforderungen und Mehrkosten haben sich die Hersteller entschieden nur noch einteilige Rotorblätter anzubieten. „In einem unsicheren Marktumfeld wie wir es in Deutschland in den vergangenen Jahren hatten, investieren die Unternehmen einfach nicht in solche technologischen Entwicklungen. Sie brauchen mehr Sicherheit.“

Ungefähr den doppelten Ertrag kann eine Windkraftanlage pro Jahr produzieren, wenn der Rotordurchmesser statt der gängigen 125 Metern 180 Meter betragen würde. Das erhöht die Effizienz der Windkraft deutlich und löst ein Grundproblem bei der Energiewende: „Die beschränkende Grenze beim schnellen Ausbau der Windkraft ist der Aufstellort für die Anlagen. Also muss es einfach das Ziel sein, die besten und größten Windräder zu verbauen. Damit brauchen wir für eine Erzeugung von rund 500 bis 600 TWh, was dem aktuellen Stromverbrauch in Deutschland entspricht, insgesamt etwa 5.000 bis 8.000 Windräder weniger! So kann die Energiewende schneller und mit mehr Akzeptanz gelingen.“

Ackerflächen sinnvoller nutzen

Nutzung landwirtschaftlicher Fläche in Deutschland

Diskutiert wird ebenfalls darüber, wie für Photovoltaikanlagen zusätzliche Flächen bereitgestellt werden können. Aus Sicht von Matthias gibt es dafür eine ganz einfache Lösung: „Der Bau von Solaranlagen auf Bestandsdächern muss noch weiter angereizt und vor allen Dingen Bürokratie abgebaut werden. Das Ziel muss es sein, die Dächer möglichst voll zu belegen.“ Zusätzliches Potenzial für Photovoltaik bieten auch Ackerflächen – wenn man diese endlich sinnvoller nutzen würde: „Aktuell werden nur rund 0,3 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen für Windkraft und Solaranlagen genutzt und 60 Prozent für Futter von Schweinen, Kühen und Geflügel. Wenn wir als Gesellschaft also unseren Fleischkonsum einschränken würden, hätten wir mit Ackerflächen für zusätzliche Solaranlagen überhaupt keine Sorgen.“, sagt Matthias.

Durch weniger Massentierhaltung müsste man auch nicht über Themen wie Agri-PV diskutieren, also wie landwirtschaftliche Anbauflächen zusätzlich mit einer Solaranlage belegt werden können. „Das ist aus meiner Sicht ein komplett unsinniges Thema. Wir können mit unserem Konsum viel verändern. Mit weniger Fleisch und mehr Kartoffeln statt Brot könnten wir schon viel bewirken.“ Der Anbau von Raps für biologische Kraftstoffe macht für Matthias ebenfalls wenig Sinn: „Der Wirkungsgrad ist mit weniger als 20 Prozent zu gering. Mehr PV auf den dafür genutzten Flächen würde uns da deutlich weiterbringen. Es wird einfach Zeit, dass wir uns kurzfristig auf die Themen konzentrieren, die uns wirklich weiterhelfen. Dann haben wir noch eine Chance unsere Ziele zu erreichen.“

Themenspezial EEG-Osterpaket – Teil 1: WIWIN-Gründer Matthias Willenbacher: „Deutschland muss möglichst schnell energieautark werden“

Der konsequente Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland ist der einzige Weg, um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern wie Öl, Kohle oder Gas schnellstmöglich zu beenden. Bisher hat das zögerliche Handeln der Politik eine größere Verbreitung von Windkraft und Photovoltaik…

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