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CO2-Steuer – das Allheilmittel für den Klimaschutz?

Von Felix Auspurg (WIWIN), Experte für erneuerbare Energien und Finanzprodukte.

Ambitionierte Idee auf EU-Ebene

Vor 15 Jahren startete mit dem EU-Emissionshandel (EU ETS) das erste grenzüberschreitende Emissionshandelssystem. Ziel dessen war eine nachhaltige und möglichst kosteneffiziente Reduzierung von Treibgasemissionen. Die zugrundeliegende Logik besagt dabei vereinfacht gesagt, dass durch den Ausstoß von Treibhausgasen Kosten für die Gesellschaft entstehen, welche bisher nicht eingepreist wurden. Vor diesem Hintergrund setzte die EU dann einen Emissionshandel nach dem Prinzip “Cap and Trade” um. Dabei wird eine Obergrenze (Cap) für Treibhausgas-Emissionen festgelegt. Die verschiedenen Mitgliedsstaaten teilen diese begrenzte Menge an Emissionszertifikaten dann an die Anlagen, welche die Treibhausgase ausstoßen, aus.

Während ein Teil dieser Zertifikate im Rahmen von Versteigerungen erworben werden kann, wird ein beträchtlicher Anteil als Gratis-Zertifikate kostenfrei ausgegeben. Alle Zertifikate können entweder selbst genutzt oder frei am Markt gehandelt (Trade) werden. Hierdurch bildet sich defacto ein CO2-Preis, welcher Unternehmen dazu motivieren soll, weniger Emissionen auszustoßen.

Damit gewisse Branchen und Unternehmen keine Benachteiligung erfahren, erhielten besonders energieintensive Unternehmen verhältnismäßig viele Zertifikate. Insgesamt erhoffte man sich von der CO2-Bepreisung mehr Investitionen in innovative und nachhaltige Technologien.

Emissionshandel: Gute Idee, aber schlecht umgesetzt

Während zu Beginn die Hoffnung noch groß war mit diesem System ein wirksames Werkzeug für mehr Klimaschutz gefunden zu haben, stellte sich schnell Ernüchterung ein. Im Rahmen des EU ETS wurden zu Beginn viel zu viele Gratis-Zertifikate ausgegeben, weshalb der Preis für ein Zertifikat zu Beginn meist deutlich unter 5 Euro lag und hiervon somit kaum eine Lenkungswirkung ausging. Für viele Unternehmen war es somit in der Regel günstiger weitere Zertifikate zu kaufen, als den Ausstoß der eigenen Emissionen beispielsweise durch Energieeffizienzmaßnahmen zu reduzieren.

Darüber hinaus waren von Beginn an wichtige Sektoren wie Transport oder Landwirtschaft nicht Teil dieses Systems. Das hatte zur Folge, dass nur circa 40% der Emissionen überhaupt erfasst wurden. Die ganze Absurdität des Systems wird noch deutlicher, wenn man folgende Fälle hört. Große Emittenten von Klimagasen generierten dank der Gratis-Zertifikate zusätzliche Gewinne.

Versuchte Rettung eines kaputten Systems

Im Laufe der Jahre hat die EU dann durch verschiedene Maßnahmen versucht, die Probleme des Systems zu beheben. Daher erfasst das EU ETS beispielsweise den Flugverkehr. Auch wurde versucht durch eine weitere Verknappung der Zertifikate den Preis zu erhöhen, so dass die gewünschte Lenkungswirkung eintritt.

Dies führte zu einem Preisanstieg insbesondere 2018. Mittlerweile liegt dieser etwa auf einem Niveau von circa 25 Euro.  Die tatsächlichen volkswirtschaftlichen Kosten liegen aufgrund des Ausstoßes von Treibhausgasen um ein Vielfaches höher, so die Experten.

Studien belegen zudem, dass das EU ETS bisher kaum Investitionen in innovative, klimaschonende Technologien ausgelöst hat.

Der deutsche Mindestpreis für CO2

Neben diesem System auf EU-Ebene wurde in Deutschland im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 im Dezember 2019 ein ergänzendes System beschlossen. Dabei handelt es sich um das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG). Kern dieses Gesetzes ist ein fester CO2-Preis in den Bereichen Wärme und Verkehr.

Seit dem ersten Januar 2021 müssen Unternehmen, welche fossile Energieträger zum Heizen oder zur Fortbewegung auf den Markt bringen, hierfür ein Emissionszertifikat erwerben. Der gesetzlich festgelegte Preis für ein solches Zertifikat beträgt aktuell 25 Euro und soll bis 2025 auf 55 Euro steigen. Durch die Ausgestaltung des Mechanismus in Form einer festen Abgabe, kann die Abgabe auch als CO2-Steuer für die Bereiche Verkehr und Wärme interpretiert werden. Diese CO2-Steuer hat den großen Vorteil, dass es den betroffenen Unternehmen Planungssicherheit im Rahmen von Investitionsentscheidungen gibt. Es könnte also ein wichtiger Impuls für die erhofften Investitionen in innovative, klimaschonende Technologien sein.

Klimaschutz light in Deutschland

Auf den ersten Blick scheint diese nationale Regelung der CO2-Steuer eine sinnvolle Ergänzung zum EU ETS zu sein. Allerdings sind die festgelegten Preise zu gering und reflektieren nicht die tatsächlichen Kosten für die Gesellschaft. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Kosten direkt an die Endverbraucher weitergegeben werden.

Vor allem für Mieter folgen Mehrkosten durch den CO2-Preis, während Vermieter keinen Anreiz haben auf umweltschonendere Technologien umzurüsten. Hiervon sind insbesondere einkommensschwache Haushalte und Verbraucher überproportional stark betroffen, da bei ihnen die Energiekosten gemessen am Einkommen verhältnismäßig hoch sind. Zudem wurde mit der Einführung des BEHG die Pendlerpauschale erhöht. Pendler haben daher einen noch geringeren Anreiz, nicht mit dem eigenen PKW zur Arbeit zu fahren. Die erhoffte Lenkungswirkung bleibt hier also aus.

Aus Fehlern nichts gelernt

Insgesamt lässt sich also festhalten, dass die bisher genutzten Instrumente zur Reduktion von Treibhausgasen nur mäßig erfolgreich waren. Grund dafür ist die Berücksichtigung von Partikularinteressen und Sonderregelungen, welche zu einem zu geringen CO2-Preis geführt haben. Es besteht die Hoffnung, dass durch Mindestpreise, welche einer CO2-Steuer nahekommenzukünftig die richtigen Anreize gesetzt werden können. Dennoch ist es wichtig, diese CO2-Steuer zukünftig auch auf andere Bereiche auszuweiten. 

 Für Deutschland gilt, dass insbesondere Mieter zukünftig ein vermehrtes Augenmerk auf die Technologie zur Wärmeerzeugung sowie die Dämmung der Gebäude werfen sollten. Es ist somit davon auszugehen, dass energieeffizientes Bauen weiter an Bedeutung gewinnen wird und Eigentümer mit ambitionierten Energiesparkonzepten einen echten Wettbewerbsvorteil haben werden.  

Felix Auspurg, WIWIN-Experte für erneuerbare Energien

Felix Auspurg
Teamleiter Projektmanagement bei WIWIN

Felix Auspurg leitet das Projektmanagement bei WIWIN. Als studierter Energieökonom bringt er Expertise im Bereich der erneuerbaren Energie mit und hat sich insbesondere mit Beteiligungs- und Teilhabemodellen für Bürgerinnen und Bürger beschäftigt. Bei WIWIN hat er bereits eine Vielzahl erfolgreicher Kampagnen begleitet und auch das erste Produkt auf Blockchain-Basis strukturiert. Er ist außerdem IHK geprüfter Finanzanlagefachmann.
Hier können Sie mehr zu Felix‘ Auspurg Meinung zur neuen EEG-Novelle erfahren.
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