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Ist die Windkraft in Deutschland noch zu retten?

Die Hiobsbotschaften der deutschen Windindustrie häufen sich während der letzten Wochen und Monate. Niedrige Zubauzahlen, die Insolvenz des Windradbauers Senvion und der Stellenabbau beim größten Windradhersteller Deutschlands Enercon sind nur einige Beispiele. Viele aus der einst so rasant wachsenden Branche fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Sie bemängeln insbesondere die komplizierten und teils unsinnigen Regelungen im Genehmigungsverfahren für Windkraft.

Schwindende Flächen für Windkraft

Ein zentraler Punkt für die Genehmigung sind die für Windkraft nutzbaren Flächen. Bereits im Jahr 2014 erfolgte hier der erste Nackenschlag für die Branche durch die damalige bayerische Landesregierung, welche die sogenannte 10-H-Regel einführte. Diese besagt, dass der Mindestabstand zwischen einer Windenergieanlage und der Wohnbebauung das Zehnfache der Anlagenhöhe betragen muss. So wurde die für Windkraft nutzbare Fläche in Bayern auf 0,05% reduziert. Das Resultat: Das flächengrößte Bundesland Bayern rangiert bei der Anzahl an Windenergieanlagen an Land hinter dem vergleichsweise kleinen Rheinland-Pfalz auf Rang 8.

Die Politik scheint aus dieser restriktiven Haltung wenig gelernt zu haben und so plant die amtierende Bundesregierung erneut eine Mindestabstandsregelung gesetzlich festzuschreiben. Dazu kommen noch mittlerweile überholte Abstandsregelungen zu Funkfeuern der deutschen Flugsicherung. Obwohl die internationale Weltluftfahrtbehörde ICAO hier einen Mindestabstand von 10 Kilometern empfiehlt, sind in Deutschland weiterhin 15 Kilometer vorgeschrieben. Allein hierdurch blockiert die deutsche Flugsicherung den Bau von aktuell mindestens 1.100 bereits genehmigten Windenergieanlagen.

Repowering: Wiederverwertung „alter“ Flächen

Eine mögliche Lösung für dieses Flächenproblem ist die Wiederverwertung „alter Flächen“, also solcher auf denen bereits Windparks stehen. In der Praxis sieht das so aus: Alte Windenergieanlagen werden abgebaut und durch neue Anlagen ersetzt. Dieses Vorgehen ist insbesondere für Anlagen interessant, die nach 20 Jahren Betriebszeit aus der lukrativen EEG-Vergütung rausfallen. In den nächsten Jahren betrifft dies mehr als ein Drittel der Windenergieanlagen in Deutschland. Diese Altanlagen sind aufgrund der zu Anfangszeiten des EEG noch höheren Einspeisevergütung auf der einen Seite zwar sehr profitabel, allerdings technisch überholt. Es ist daher üblich, dass durch den Austausch alter Anlagen die installierte Leistung deutlich erhöht und gleichzeitig die Anzahl der Windenergieanlagen am Standort reduziert wird. Im Fachjargon spricht man in diesem Zusammenhang auch von Repowering.

Lieber repowern als neu bauen?

Ein wichtiger Faktor für die Leistungssteigerung durch Repowering ist die Tatsache, dass neue Anlagen in der Regel höher sind, einen größeren Rotordurchmesser haben und technische Neuerungen. Ein Vorteil von Repowering gegenüber dem Bau von neuen Windparks ist, dass es sich bei den „alten Flächen“ meist um sehr gute Standorte mit hohen Winderträgen handelt. Diese haben sich zudem bereits etabliert. Das heißt, dass die vorliegende Datenbasis aufgrund des langjährigen Betriebs zu Windstärke, -konstanz, -erträgen usw. äußerst verlässlich ist. Darüber hinaus ist der Netzanschluss in der Regel über die bereits bestehende Infrastruktur möglich und auch die Zufahrt für die Anlieferung der Komponenten normalerweise problemlos möglich. Durch die bereits vorhandenen Windparks ist überdies die lokale Bevölkerung für das Thema Windkraft sensibilisiert. Es ist mit geringerem Widerstand in Form von Protesten oder Klagen zu rechnen, welche Bauvorhaben teilweise für Jahre blockieren.

Repowering als Allheilmittel der Windkraft?

Ist Repowering also das Allheilmittel zur Rettung der einheimischen Windenergiebranche? Stand jetzt muss man die Antwort auf diese Frage leider verneinen. Repowering bringt eine Hand voll Vorteile mit sich und ist sicherlich ein Weg, um die Zukunft der Windbranche zu sichern. Allerdings ist Repowering bisher nur punktuell wirtschaftlich sinnvoll. Da die Einspeisevergütung von Altanlagen so lukrativ ist, haben Anlagenbetreiber momentan kaum einen Anreiz die Windenergieanlagen vorzeitig – also vor Auslaufen der für 20 Jahre zugesicherten EEG-Vergütung – abzubauen und gegen neuere Modelle auszutauschen.

Darüber hinaus müssen auch die neuen Anlagen die komplexen sowie zeit- und kostenintensiven Genehmigungsverfahren durchlaufen. Repowering kann also nicht alle Probleme lösen, insbesondere nicht jene, die auf politischen Entscheidungen beruhen. Dennoch ist es eine sinnvolle Ergänzung zur bisher gängigen Praxis. Repowering trägt durch die Produktion größerer Mengen an Windstrom mit einer geringeren Anzahl von Anlagen dazu bei, dass die Energieerzeugung schrittweise klimafreundlicher wird.

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