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Themenspezial EEG-Osterpaket – Teil 1: WIWIN-Gründer Matthias Willenbacher: „Deutschland muss möglichst schnell energieautark werden“

Jens Secker
Autor/in:
Jens Secker
5 Minuten Lesezeit
PV-Anlage und Windräder

Der konsequente Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland ist der einzige Weg, um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern wie Öl, Kohle oder Gas schnellstmöglich zu beenden. Bisher hat das zögerliche Handeln der Politik eine größere Verbreitung von Windkraft und Photovoltaik verhindert.

Die Energiewende kommt endlich in der Mitte der Gesellschaft an – so hat es zumindest aktuell den Anschein. Immer mehr Menschen in Deutschland wird bewusst, dass sich unsere Energieversorgung dringend verändern muss. Weil viele Privathaushalte nicht mehr auf die Politik warten wollen, nehmen sie die Sache jetzt selbst in die Hand. Laut einer aktuellen Umfrage plant ein Viertel der deutschen Hausbesitzer und -besitzerinnen innerhalb der kommenden zwölf Monate die Installation einer eigenen Photovoltaikanlage. Auch bei Matthias Willenbacher haben sich die Anfragen in den vergangenen Wochen gehäuft: „Gefühlt habe ich in den letzten drei Wochen tausend Anfragen bekommen, wer denn jetzt schnell eine Solaranlage auf das Hausdach bauen könnte“, sagte der WIWIN-Gründer und Initiator der „100 prozent erneuerbar stiftung“ vergangene Woche im Klimareporter-Interview.

Unabhängiger von Energieimporten werden

Der Anlass für das neue Bewusstsein der Deutschen zur Energieversorgung ist allerdings mehr als traurig. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine macht wieder einmal deutlich, dass Deutschland schnellstmöglich auf 100 Prozent erneuerbare Energien umstellen muss. Denn während Putins Bomben und Kugeln ukrainische Zivilisten töten, bezieht Europa weiterhin Öl, Gas und Kohle im Wert von einer Milliarde US-Dollar aus Russland – und zwar pro Tag! Deutschland muss endlich unabhängig von Energieimporten werden, fordert Matthias: „Wir müssen möglichst schnell energieautark werden und das funktioniert nur, indem wir vehement die erneuerbaren Energien ausbauen.“

Wir müssen möglichst schnell energieautark werden und das funktioniert nur, indem wir vehement die erneuerbaren Energien ausbauen.

– Matthias Willenbacher, Geschäftsführer WIWIN

Für eine Energieautarkie werden in jeder großen Gemeinde PV-Anlagen auf den Dächern benötigt und zusätzlich drei Windräder – das ist alles. Weniger Energieimporte hätten laut Matthias zudem nicht nur mehr Unabhängigkeit zur Folge, sondern auch niedrigere Energiepreise: „Die hohen Energiepreise sind Resultat des geopolitischen Spiels, das viele Despoten in erdgas- und erdölexportierenden Staaten mit uns spielen. Das sehen wir doch aktuell ganz deutlich.“, sagt der Mainzer Energiewendepionier. Aus seiner Sicht können nur Windkraft und Photovoltaik langfristig die Preise niedrig halten. Wenn die Energieerzeugung dezentral wird, kann sich Deutschland darüber hinaus einen Großteil des teuren Netzausbau sparen, um beispielsweise Windenergie aus dem Norden in den Süden zu transportieren.

Energieeffiziente Technologien

Durch die Nutzung neuer Technologien wird zwar der Stromverbrauch steigen, aber der Energieverbrauch in Zukunft insgesamt deutlich sinken, erklärt Matthias: „Aktuell verschwenden wir viel zu viel Energie. Zum Beispiel verfeuern wir Kohle für die Stromerzeugung, nutzen aber die Wärme nicht, die dabei entsteht. Das wird sich durch neue Technologien zukünftig verändern. Wir werden schon bald mit 35 bis 40 Prozent der Primärenergie auskommen.“ Das größte Energieeffizienz-Potenzial haben aus Sicht von Matthias drei Dinge: 1. das Elektroauto, da die Fahrzeuge nur etwa ein Viertel der Energie benötigen, die ein Verbrenner verbraucht; 2. Wärmepumpen, die eine Kilowattstunde Strom (bestenfalls vom PV-Dach) in vier Einheiten Wärme umwandeln; und 3. Brennstoffzellen und BHKWs, wenn sie in einem Gebäude wie einem Krankenhaus oder Wohnblock zum Einsatz kommen. Dort kann nicht nur elektrische sondern auch thermische Energie genutzt werden, was bis zu 50% des Brennstoffs einspart.

Doch diese Maßnahmen allein werden längst nicht ausreichen: Es gibt noch viele weitere Wege, wie Energie eingespart werden kann. Dazu gehört das Dämmen von Häusern oder die Nutzung von Holz statt Beton beim Bau. Darüber hinaus müssen Autos wieder kleiner werden und die Zahl der Fahrzeuge insgesamt verringert werden. Das geht aber nur durch einen besseren Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Auch bei den Essgewohnheiten sollte dringend ein Umdenken stattfinden, besonders der Fleischkonsum muss deutlich abnehmen. „Werden diese Maßnahmen umgesetzt, spart das nicht nur Energie, sondern schont gleichermaßen die Umwelt und den Geldbeutel. Und als Bonus bekommen wir noch die Unabhängigkeit von Putin und den Scheichs.“, erklärt Matthias.

In den vergangenen Jahrzehnten wurde in Deutschland laut Matthias durch Politikversagen ein großflächiger Ausbau der erneuerbaren Energien verhindert: „Was wir in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten erlebt haben, war nichts anderes als Lobbypolitik der fossilen Energiewirtschaft mit dem Ziel, die erneuerbaren Energien möglichst klein zu halten. Und das ist leider gelungen.“, sagt der WIWIN-Gründer. Die Ampelkoalition hat sich diesbezüglich mehr vorgenommen. Mit dem EEG-Osterpaket will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Verbesserungen für die Bereiche Sonne-, Wind- und Bürgerenergie vorlegen, um Deutschland möglichst schnell energieautark zu machen. Ob das gelingen kann, wird sich am kommenden Mittwoch, den 6. April zeigen.

Themenspezial EEG-Osterpaket – Teil 2: „Wir sind auf dem richtigen Weg”

Anfang April hat die Bundesregierung das EEG-Osterpaket vorgestellt, um den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland zu beschleunigen. Bis 2030 sollen in Deutschland mindestens 80 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs aus Sonne, Wind und Wasserkraft bezogen werden…

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