„Crowdinvesting bietet mir die Chance, aktiv innovative Ideen zu fördern“
Karolina Decker ist Mitgründerin und CEO von finmarie, einer Investment-Plattform speziell für Frauen. Als zertifizierte Finanzanlagenvermittlerin kennt sich Karolina nicht nur bestens mit verschiedenen Anlageformen aus; sie weiß vor allem, mit welchen Herausforderungen sich Frauen beim Thema Geldanlage konfrontiert sehen. Im Interview mit dem WIWIN-Magazin spricht sie darüber, wie wichtig die frühzeitige finanzielle Bildung von Mädchen und jungen Frauen ist und weshalb sie selbst schon mehrfach in Crowdinvesting-Projekte investiert hat.
Karolina, vor deiner Arbeit für finmarie hast du über zehn Jahre lang in internationalen Banken gearbeitet. Wie ist damals die Idee für die Gründung von finmarie entstanden?
Karolina: Die Idee für finmarie ist aus einer ganz klaren Lücke heraus entstanden, die ich während meiner Jahre in der Finanzwelt immer wieder wahrgenommen habe. Ich habe bei internationalen Banken in verschiedenen Ländern gearbeitet und immer wieder festgestellt, dass Frauen oft nicht ausreichend in Finanzthemen eingebunden werden. Häufig fühlten sie sich von traditionellen Finanzinstituten nicht angesprochen oder fanden es schwierig, dort die passende Unterstützung zu bekommen, die auf ihre Lebenssituationen und Bedürfnisse zugeschnitten ist.
In vielen Gesprächen mit Frauen wurde mir bewusst, wie groß das Bedürfnis nach einer Anlaufstelle ist, die Frauen bei ihren finanziellen Zielen und Herausforderungen unterstützt – ob es um Altersvorsorge, nachhaltiges Investieren oder finanzielle Unabhängigkeit geht. Dabei geht es uns bei finmarie nicht nur darum, eine Plattform anzubieten, sondern auch eine Community zu schaffen, in der Frauen ermutigt werden, ihr finanzielles Wissen zu vertiefen und eigenständig Entscheidungen zu treffen. So wurde finmarie geboren: eine Investment-Plattform von Frauen für Frauen. Unser Ziel ist es, Finanzthemen so zugänglich und verständlich wie möglich zu machen, damit jede Frau ihre finanzielle Zukunft in die Hand nehmen und gestalten kann – egal, wie viel Vorwissen sie mitbringt.
Wie hat sich finmarie in den vergangenen Jahren entwickelt?
Karolina: Seit unserer Gründung 2019 hat sich bei finmarie wirklich viel getan – und darauf sind wir unglaublich stolz! Was als Vision begann, Frauen mit unabhängiger Beratung und praktischen Finanz-Tipps zu unterstützen, ist heute eine umfassende Plattform. Unsere Digital Academy und die Workshops bieten Frauen eine wunderbare Gelegenheit, sich genau zu den Finanzthemen weiterzubilden, die ihnen am Herzen liegen – flexibel, praxisnah und empowernd. Seit 2021 haben wir außerdem einen großen Schritt in den B2B-Bereich gemacht. Mit unseren digitalen Programmen sind wir inzwischen in vielen Unternehmen vertreten. Unsere Financial-Wellness-Plattform unterstützt Teams dabei, ihre finanzielle Gesundheit zu stärken und kontinuierlich dazuzulernen.
Auch im Jahr 2024 investieren in Deutschland noch immer deutlich weniger Frauen als Männer. Was sind deiner Meinung nach die Hauptgründe für das Ungleichgewicht?
Karolina: Erstens spielen strukturelle Hürden eine große Rolle: Frauen verdienen im Schnitt weniger als Männer, arbeiten häufiger in Teilzeit und haben oft Unterbrechungen in ihrer Erwerbsbiografie, beispielsweise durch Elternzeiten. Das führt dazu, dass viele Frauen weniger Geld zur Verfügung haben und das Investieren eher als „Luxus“ sehen, den sie sich erst später leisten möchten – obwohl gerade sie langfristig vom Vermögensaufbau profitieren würden.
Zweitens beobachten wir oft ein starkes Sicherheitsbedürfnis bei Frauen, besonders in finanziellen Angelegenheiten. Viele Frauen neigen dazu, vorsichtiger zu agieren und scheuen vermeintliche Risiken an der Börse. Oft fehlt auch einfach das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Hier greifen wir bei finmarie an und zeigen, dass Investieren kein Hexenwerk ist und dass schon mit kleinen Beträgen erste Erfolge möglich sind.
Mit welchen Hürden sehen sich Frauen in Deutschland konfrontiert, die am Finanzmarkt partizipieren möchten?
Karolina: In vielen Gesellschaften gibt es immer noch tief verwurzelte Geschlechterrollen, die die Vorstellung vermitteln, dass Frauen weniger risikobereit oder weniger kompetent in finanziellen Fragen sind. Diese Stereotype führen dazu, dass Frauen oft weniger in ihre finanzielle Zukunft investieren und sich nicht ausreichend zutrauen, eigenständig Entscheidungen zu treffen. Zusätzlich richten sich die traditionellen Finanzprodukte und -dienstleistungen häufig nicht speziell an die Bedürfnisse von Frauen. Frauen haben andere Lebensrealitäten, z.B. längere Lebensspannen oder unterschiedliche Karriereverläufe, die von den klassischen Finanzlösungen nicht immer berücksichtigt werden
Und wie ließen sich diese Hürden überwinden?
Karolina: Ein wichtiger Schritt, um die Hürden zu überwinden, ist die frühzeitige finanzielle Bildung. Schon von klein auf sollten Mädchen und junge Frauen lernen, wie sie ihr Geld sinnvoll verwalten und für ihre Zukunft vorsorgen können. Das kann durch Programme in Schulen und Universitäten geschehen, die Finanzthemen auf eine zugängliche und verständliche Weise vermitteln.
Um genau diese Lücke zu schließen, habe ich zusammen mit Babett Mahnert das Projekt SchulGold ins Leben gerufen. Unser Ziel ist es, jungen Menschen, insbesondere Mädchen, schon früh die Bedeutung von finanzieller Bildung näherzubringen. Mit SchulGold möchten wir dazu beitragen, dass Kids, Teens und Familien sich sicher und selbstbewusst mit Geld und Finanzen auseinandersetzen können – ohne sich von der komplexen Finanzwelt eingeschüchtert zu fühlen.
Welche Unterschiede bestehen aus deiner Sicht zwischen dem Anlageverhalten von Männern und dem von Frauen?
Karolina: Frauen tendieren dazu, einen langfristigen Anlagehorizont zu wählen und sind weniger geneigt, kurzfristige Marktbewegungen zu verfolgen oder auf schnelle Gewinne auszugehen. Sie sind häufig disziplinierter beim Sparen und investieren regelmäßig, statt auf schnelle Gewinne zu setzen. Männer dagegen haben oft eine stärker ausgeprägte „Trader-Mentalität“ und neigen dazu, häufiger ihre Anlagestrategien anzupassen.
Jede fünfte Frau ab 65 Jahren galt in Deutschland im vergangenen Jahr als armutsgefährdet. Bei den gleichaltrigen Männern sind es laut Statistischem Bundesamt 15,9 Prozent. Was denkst du, wenn du solche Zahlen hörst?
Karolina: Es ist erschreckend…diese Zahlen spiegeln sich in den langfristigen Auswirkungen von Teilzeitarbeit, Lohn- und Rentenlücken sowie der geringeren Altersvorsorge wider, mit denen Frauen häufig konfrontiert sind. Solche Zahlen zeigen, wie wichtig es ist, dass Frauen frühzeitig und kontinuierlich in ihre finanzielle Unabhängigkeit investieren. Es ist entscheidend, dass wir als Gesellschaft verstärkt auf die Bedürfnisse von Frauen im Bereich der Altersvorsorge eingehen. Das heißt, es braucht sowohl strukturelle Veränderungen, die die Lohn- und Rentenlücke verringern, als auch ein stärkeres Bewusstsein für die Bedeutung von eigenständiger Vorsorge und langfristigem Finanzmanagement.
„Crowdinvesting kann ein sehr effektives Mittel sein, um Frauen den Zugang zum Finanzmarkt zu erleichtern und ihnen zu helfen, ihre finanziellen Ziele zu erreichen.“
– Karolina Decker, Gründerin und CEO finmarie
Inwiefern kann Crowdinvesting deiner Meinung nach dabei helfen, gerade auch Frauen den Weg in den Finanzmarkt zu ebnen?
Karolina: Crowdinvesting kann ein sehr effektives Mittel sein, um Frauen den Zugang zum Finanzmarkt zu erleichtern und ihnen zu helfen, ihre finanziellen Ziele zu erreichen. Crowdinvesting bietet die Möglichkeit, in eine Vielzahl von Projekten und Anlageklassen zu investieren. So beispielsweise in nachhaltige Startups, Immobilienprojekte, soziale Unternehmen oder innovative Technologien. Diese breite Streuung auf verschiedene Sektoren und Anlageformen hilft, das Risiko zu verteilen.
Hast du schon mal in ein Crowdinvesting investiert? Oder kannst du dir ein Investment in Zukunft vorstellen?
Karolina: Ja, ich habe bereits mehrfach in Crowdinvesting-Projekte investiert – sowohl als Gründerin von finmarie als auch im Rahmen von SchulGold. Crowdinvesting bietet mir die Chance, nicht nur von möglichen finanziellen Erträgen zu profitieren, sondern auch aktiv innovative Ideen und gesellschaftliche Veränderungen zu fördern
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