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Photovoltaik-Wachstumsmarkt Polen

In der deutschen Erneuerbaren-Branche hat sich nach dem ersten Gesetzentwurf zur EEG Novelle 2021 Ernüchterung breit gemacht. Besonders der Solarindustrie werden zukünftig wohl weitere Steine in den Weg gelegt. Hiesige Projektentwickler verlagern ihr Geschäft daher zunehmend ins Ausland – beispielsweise nach Polen.

Möglicherweise geht der 23. September 2020 als „schwarzer Mittwoch“ in die Geschichte der deutschen Energiewende ein. An diesem Tag beschließt das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur EEG Novelle 2021 und bringt ihn in den parlamentarischen Prozess ein. Die Reaktionen aus der Erneuerbaren-Energien-Branche lassen nicht lange auf sich warten: WIWIN-Geschäftsführer Matthias Willenbacher ist von der geplanten Gesetzesänderung unter Energieminister Peter Altmaier tief enttäuscht, wie er in seiner Klimareporter-Kolumne erklärt. Detlef Neuhaus vom Photovoltaik-Hersteller Solarwatt glaubt sogar, dass die Bundesregierung mit der Novelle „die Energiewende ausbremst“.

Für Greenpeace Energy bleibt die Regierung mit ihrem EEG-Entwurf weit hinter den Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen zurück. „Erheblichen Überarbeitungsbedarf“ sieht auch BWE-Präsident Hermann Albers – und fasst die Lage damit treffend zusammen. Doch ob sich an der geplanten EEG Novelle tatsächlich noch etwas Grundlegendes verändern wird, steht derzeit in den Sternen. Noch im November will die Bundesregierung das Gesetz finalisieren. Bleibt alles wie es ist, sind die negativen Folgen enorm – beispielsweise für die deutsche Photovoltaik-Branche.

Deutschland: Ausbaudynamik „abgewürgt“

Dabei standen kurzzeitig die Signale auf grün: Nach langem Ziehen und Zerren ist im Sommer der 52-Gigawatt-Deckel* gefallen. Die Politik hat endlich begriffen, dass besonders die Solarindustrie einen großen Beitrag leisten wird und muss, wenn Deutschland seine Ziele in puncto CO2-Einsparung erreichen will. Jetzt werden die Bremsen wirklich gelockert. Deutschland befindet sich nun doch auf dem Weg in ein neues, sonnengelbes Energiezeitalter… so dachte man zumindest. Einen Gesetzentwurf später hat sich in der deutschen Photovoltaik-Branche wieder Ernüchterung breit gemacht. Solare Eigenerzeuger würden zukünftig „systematisch diskriminiert“, mahnt der Bundesverband Solarwirtschaft sogar.

Stein des Anstoßes ist für viele Experten, dass ab 2021 wohl auch Betreiber von kleinen PV-Dachanlagen in kosten- und zeitintensive Ausschreibungen gedrängt werden. Damit würde laut Matthias Willenbacher die Ausbaudynamik „abgewürgt“. Und das hat nicht nur fatale Folgen für die Anlagenbetreiber, sondern auch für die hiesige Branche, die sich gerade vom großen Kollaps zu Beginn der 2010er Jahre zu erholen scheint.

Polen: 60 Kohlemeiler fallen weg

Auch für Photovoltaik-Projektentwickler sind die Unsicherheiten in Deutschland weiter gestiegen. Deshalb lohnt sich für sie zunehmend der Blick ins Ausland – zum Beispiel nach Polen. Strom wird in unserem Nachbarland noch vorrangig durch Kohlekraftwerke erzeugt, der Photovoltaik-Anteil liegt aktuell bei weniger als einem Prozent. Doch viele Meiler sind mittlerweile in die Jahre gekommen, bis zu 60 Kraftwerke werden in den kommenden Jahren stillgelegt. Zugleich rechnet der polnische Übertragungsnetzbetreiber Polskie Sieci Elektroenergetyczne S.A. (kurz: PSE) mit einem steigenden Strombedarf von 15 Prozent bis 2025. Diese Leistung muss dann auf anderem Weg erzeugt werden, beispielsweise durch Solaranlagen.

„Polen ist traditionell sehr tief in der Kohle verwurzelt. Doch das wird sich in den kommenden Jahren definitiv ändern, wenn das Land die Klimaziele auf EU-Ebene erreichen will. Polen wird zukünftig einer der Wachstumsmärkte für erneuerbare Energien in Europa sein – davon bin ich fest überzeugt“, sagt Matthias Willenbacher. Allein im vergangenen Jahr befand sich die Republik unter den Top 5 der EU-Länder mit dem größten Zubau an PV-Anlagen.

Photovoltaik-Markt mit immensem Potenzial

Im Photovoltaik-Bereich ist Polen ein sehr interessanter Wachstumsmarkt. Als Anreiz profitieren Projektentwickler von einer staatlichen Förderung, die für zusätzliche Sicherheit bei der Realisierung sorgt. Je nach Standort unterscheiden sich die Einstrahlungsdaten sowie der gesamte Ablauf der Projektentwicklung auch nicht wesentlich von den aktuell vorherrschenden Bedingungen in Deutschland. Außerdem besteht durch die Gesetzgebung der EU-Rechtssicherheit. Auch die gesamtwirtschaftliche Lage kann in Polen guten Gewissens als stabil beschrieben werden.

Der Photovoltaik-Markt in Polen steckt noch in den Kinderschuhen, hat aber ein immenses Potenzial. Die Technologie ist mittlerweile ausgereift – ein entscheidender Vorteil für interessierte Projektentwickler. Die Stromgestehungskosten von PV-Anlagen sind darüber hinaus so stark gesunken, dass sie mittlerweile auch ohne zusätzliche Förderung mit konventionellen Energieerzeugern mithalten können. Das alles minimiert das Risiko – und so ist eine Beteiligung auch für Privatanleger ein sinnvolles Investment in die Zukunft.

* Dieser im EEG 2012 festgelegte Solardeckel besagt, dass die Förderung neuer PV-Anlagen endet, sobald die Summe der nach §19 EEG installierten und geförderten PV-Anlagen in Deutschland eine gemeinsame Leistung von 52 GW erreicht.

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