Überspringen zu Hauptinhalt

Warum grüne Start-ups besonders viel finanzielle Unterstützung benötigen

Die deutsche Start-up-Landschaft wird stetig grüner. Doch noch immer mangelt es an Geldgebern, die gezielt nachhaltige Startups unterstützen und damit einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Das Thema Nachhaltigkeit ist aus der deutschen Gründerszene nicht mehr wegzudenken. Laut des aktuellen Green Startup Monitors 2020 werden inzwischen 21 Prozent der Jungunternehmen hierzulande als „grün“ eingestuft.

Doch was bedeutet das konkret? Grüne Start-ups sind der Erhebung zufolge „junge, innovative und wachstumsorientierte Unternehmen, die mit ihren Produkten, Technologien und Dienstleistungen einen Beitrag zu den ökologischen Zielen einer Green Economy leisten“. Nur ein Jungunternehmen, das von der Unternehmensstrategie bis hin zu den Key-Performance-Indikatoren auf eine ökologisch nachhaltige Wirkung setzt, darf sich auch wirklich „grün“ nennen.

So weit, so gut – möchte man meinen. Tatsächlich offenbart der Report aber auch die Schattenseiten des grünen Start-up-Marktes. Denn: Unabhängig vom wachsenden Bewusstsein der jungen Gründerinnen und Gründer für ökologische und sozial verträgliche Geschäftsmodelle scheinen viele Investoren diese Einstellung bislang nicht zu teilen. Sie scheuen sich davor, in nachhaltige Jungunternehmen zu investieren.

Konkret beziffert der Green Start-up Monitor die Problematik wie folgt: Während sich 31 Prozent der nicht-grünen Startups mithilfe eines Business-Angels finanziert haben, sind es bei ihren nachhaltigen Pendants gerade einmal 18 Prozent. Ebenso beim Thema Venture Capital: Knapp ein Viertel der nicht-grünen Jungunternehmen hat bereits ein VC-Investment erhalten; bei den grünen Start-ups sind es lediglich neun Prozent.

Mangelhafte Infrastruktur

Doch woran liegt es, dass grüne Start-ups wesentlich größere Schwierigkeiten haben, private Geldgeber für sich zu gewinnen? Die Gründe hierfür sind vielseitig und offenbaren einige grundsätzlichen Herausforderungen, mit denen sich die Gründerszene hierzulande konfrontiert sieht.

Die digitale Infrastruktur innerhalb der Bundesrepublik lässt nach wie vor zu wünschen übrig. Zu diesem Ergebnis kommt auch der aktuelle Global Entrepreneurship Monitor des RKW Kompetenzzentrums und der Universität Hannover. Lediglich 40 Prozent der befragten Gründungsexperten bewerten die Qualität der bestehenden Wissens- und Technologieinfrastruktur als ausreichend, um den Aufbau von Technologieunternehmen auf Weltniveau zu unterstützen.

Natürlich ist längst nicht jedes grüne Start-up zugleich ein Tech-Start-up – dennoch gehen Klimaschutz und technologischer Fortschritt häufig Hand in Hand. Das heißt: Ohne eine ausreichende Infrastruktur werden insbesondere Investoren aus dem Ausland abgeschreckt.

Fehlendes Know-how

Die Zurückhaltung vieler Business-Angels könnte zudem auf ihrer mangelnden Expertise hinsichtlich nachhaltiger Geschäftsmodelle beruhen. Der Markt für grüne Ideen und Produkte blickt auf eine wesentlich kürzere Historie zurück als die „klassische Gründerszene“. Es gibt insgesamt noch weniger Erfolgsgeschichten und entsprechend weniger Erfahrung seitens der Investoren mit der Green Economy. Trotzdem: Fehlendes Wissen über Neues ist noch lange kein Grund, bei alten Geschäftsmodellen zu verharren.

Innovation braucht Mut und Mut braucht den Willen, etwas verändern zu wollen. Für Investoren und VC-Geber ist es an der Zeit, sich damit auseinandersetzen, dass die Start-up-Welt von heute eine andere ist. Sie sollten sich das erforderliche Know-how in puncto Nachhaltigkeit und Klimaschutz aneignen und so die Scheu vor Investments in grüne Start-ups verlieren.

Gelingt das, wächst zugleich auch der Pool an Kapitalgebern, der für klimaschutzorientierte Gründerinnen und Gründer interessant ist. Doch: Unabhängig davon, wie groß die Anzahl der potenziellen Investoren auch sein mag, sind grüne Jungunternehmer natürlich nicht bereit, jedem beliebigen Business-Angel entsprechende Anteile abzutreten.

Was nutzt es einem grünen Start-up auch, wenn der Investor das nachhaltige Geschäftsmodell untergräbt? Die grundsätzlichen Werte und Vorstellungen von Privatinvestor und Gründer müssen zusammenpassen – daran führt kein Weg vorbei. Entsprechend ist für die Mehrheit der nachhaltig orientierten Jungunternehmer eine klimafreundliche Ausrichtung nicht verhandelbar. Das muss ein potenzieller Investor zusätzlich zu den üblichen Indikatoren wie Umsatz, Gewinn und Kapitalrendite akzeptieren.

Vorurteile hemmen Investitionen

Auch eine vermeintlich höhere Risikozuschreibung bei Investments mit nachhaltigem Charakter aufgrund unklarer Regularien schmälert die Finanzierungschancen grüner Start-ups. Tatsächlich lässt der rechtliche Rahmen für grüne Investments in der Europäischen Union bislang noch einen vergleichsweise großen Auslegungsspielraum zu. Während sich der Ministerrat und das Europäische Parlament Ende vergangenen Jahres endlich auf ein einheitliches Regelwerk geeinigt haben, das grüne Wirtschaftstätigkeiten von nicht-grünen abgrenzt, ist die Nutzung dieser sogenannten Taxonomie (noch) nicht bindend.

Möglicherweise wird sie in den Wiederaufbauplan Europas infolge der Coronakrise integriert, vielleicht tritt die Taxonomie aber auch erst Ende 2021 in Kraft. Unklare Regeln schüren Unsicherheit – und dieses Vakuum ist es letztlich, was viele Business-Angels daran hindert, grüne Investments zu tätigen.

Dabei ist es gerade in Zeiten der Coronakrise von entscheidender Bedeutung, die Weichen für eine nachhaltige und klimafreundliche Zukunft zu stellen. Hierzu leisten grüne Start-ups einen erheblichen Beitrag. Die mutigen Gründerinnen und Gründer tragen mit ihren innovativen Ideen zur Bewältigung der drängendsten Probleme unserer Zeit bei und beweisen damit enormen Weitblick. Diese Denkweise sollten auch Investoren an den Tag legen und mit ihrem Kapital nachhaltige Jungunternehmen unterstützen.

Dieser Beitrag ist zuerst bei t3n.de erschienen.

 

Informationen zu Quellen & Bildrechten

An den Anfang scrollen