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Kleinster gemeinsamer Nenner

„Eine vorgezogene Weihnachtsbescherung für die Autoindustrie“ nannte die Umweltschutzorganisation Naturschutzbund Deutschland (NABU) den Beschluss der EU-Umweltminister zu strengeren CO2-Standards für Neuwagen. Nach dreizehnstündigen Verhandlungen hatten sich die Verhandler in Luxemburg Anfang Oktober schließlich auf einen Kompromiss geeinigt: Zwischen 2020 und 2030 soll der Kohlendioxidausstoß von Neuwagen um 35% reduziert werden.

Die einzuhaltenden Grenzwerte beziehen sich auf die Durchschnittswerte für die gesamte Neuwagenflotte eines Herstellers. Emissionsstarke Pkws kann ein Autobauer mit verbrauchsarmen Fahrzeugen ausgleichen. Durch die umstrittenen Anrechnungsmöglichkeiten für Elektro- und Hybridfahrzeuge lässt sich der Durchschnittswert einer Fahrzeugflotte sogar noch weiter drücken.

Nicht nur dem NABU ging der EU-Beschluss nicht weit genug. Viele Mitgliedsstaaten, darunter Irland, Schweden und Dänemark, hatten eine Senkung der Grenzwerte um 40% oder mehr gefordert. Selbst Länder wie Frankreich, Italien oder Spanien, die wie Deutschland eine starke Automobilindustrie haben, wollten einen schnellen Umstieg auf deutlich klimaschonendere Autos.

Für die Bundesregierung hingegen fiel die Entscheidung deutlich schärfer aus als gewünscht: Wenig ambitioniert hatte sie sich für eine Reduzierung um 30% ausgesprochen – aus Angst vor Jobverlusten bei einem zu schnellen Umstieg auf neue Antriebe. Damit wurde der einst selbsternannte Vorreiter in Sachen Klimaschutz zum Bremser in den Verhandlungen. Massive Kritik kam unter anderem vom luxemburgischen Staatssekretär: In Deutschland werde der Klimaschutz zugunsten der Autoindustrie an die Wand gefahren.

Die EU-Entscheidung fiel einen Tag, nachdem der Weltklimarat seinen alarmierenden Sonderbericht veröffentlicht hatte. Um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, drängt der Bericht die Politik zu schnellen und weitreichenden Veränderungen in allen Sektoren – also auch im Verkehr. In der EU ist der Verkehrssektor ist für ungefähr ein Fünftel der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die Verbrauchswerte für Neuwagen stellen einen zentralen Hebel zur Emissionseinsparung dar.

Der jetzt gefundene Kompromiss bleibt nicht nur hinter dem ursprünglichen Vorschlag des EU-Parlaments einer Begrenzung auf 40% zurück. Laut NABU entsprechen die jetzt vorgestellten Grenzwerte auch bei weitem nicht den Anforderungen bestehender Klimaschutzziele. Um diese zu erreichen, müssten die CO2-Emissionen von Neuwagen bis 2030 auf mindestens 60% reduziert werden, ein Wert, den der NABU und andere Organisationen durchaus für technisch umsetzbar halten. Davon ist die EU noch sehr weit entfernt: Für den mühsam ausgehandelten Grenzwert muss erst einmal eine Einigung mit dem Europaparlament ausgehandelt werden.

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