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Purpose Economy: Was ist Verantwortungseigentum?

Autor/in:
WIWIN - nachhaltig investieren
5 Minuten Lesezeit
Ein Team aus fünf Mitarbeitern streckt die Fäuste zusammen

Die anhaltende Nachhaltigkeits-Transformation der Wirtschaft lässt immer wieder neue Geschäftsbereiche oder auch Unternehmensformen entstehen. Seit geraumer Zeit gewinnt dabei auch die sogenannte Purpose Economy an Bedeutung.

Ein Purpose-Unternehmen verfolgt eine übergeordnete Mission und richtet seine Geschäftstätigkeit darauf aus, einen positiven und nachhaltigen Einfluss auf die Gesellschaft und die Umwelt zu haben. Viele Gründer/innen haben dabei das Ziel, durch ihre Geschäftsaktivitäten einen sinnvollen Beitrag zur Welt bzw. der Gesellschaft zu leisten. In der Purpose-Economy steht nicht die Verfolgung finanzieller Ziele oder die persönliche Bereicherung im Vordergrund. Das Hauptanliegen eines Purpose-Unternehmens ist es, seinen Zweck zu erfüllen, wobei der Gewinn häufig lediglich als Mittel zum Zweck betrachtet wird.

Eine besondere Form des Unternehmenseigentums ist dabei das sogenannte Verantwortungseigentum. Was es damit auf sich hat und warum sich Unternehmer/innen für diesen Schritt entscheiden, erfährst du in diesem Beitrag.

Verantwortungseigentum: Wie funktioniert das?

Das grundsätzliche Anliegen von Unternehmer/innen, welche Verantwortungseigentum ermöglichen ist es, die Firmenführung und somit die gesamte Kontrolle sowie Entscheidungsmacht beim Unternehmen selbst zu belassen. Dies bedeutet, dass sowohl Angestellte als auch Führungskräfte oder die Gründer/innen selbst alle Anteile halten. Alternativ können Gemeinschaften gegründet oder bestimmte Stakeholder an dem Unternehmen beteiligt werden.

Man kann also sagen, dass sich das Unternehmen gewissermaßen selbst gehört, ohne auf fremde Investor/innen angewiesen zu sein. Allerdings sind die neuen Eigentümer/innen zwar stimm- und teilhabeberechtigt, jedoch werden sie weder am Gewinn noch am Vermögen beteiligt. Eine Übertragung von Gemeinschafts- in Privatvermögen ist damit ausgeschlossen. Die Unternehmer/innen befinden sich also quasi in der Position eines Treuhänders. Diese Zweckbindung der Gewinne lässt sich durch die Einbindung in eine Stiftung oder die Gründung einer gUG respektive gGmbH realisieren.

Rechtsformen von Unternehmen in Verantwortungseigentum

Besonders im Kontext des Verantwortungseigentums wird aktuell darüber diskutiert, ob und wie eine neue Rechtsform für Unternehmen eingeführt werden kann und soll. Gegenwärtig sind diese Unternehmen vor allem wie folgt strukturiert:

Stiftung: Die Einbindung in eine gemeinnützige Stiftung kann sehr schwierig und kostenintensiv sein. Eine Stiftung in Gemeinnützigkeit muss folgende drei Aspekte berücksichtigen: Unmittelbarkeit, Ausschließlichkeit und Selbstlosigkeit. Die 2019 gegründete Stiftung Verantwortungseigentum plädiert seit einiger Zeit für eine neue Rechtsform, die es Unternehmen erleichtert, die Umwandlung hin zu Verantwortungseigentum zu realisieren. Eine angestrebte Form ist dabei die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen (GmgV).

gUG: Eine gUG ist eine spezielle Form der GmbH und wurde in Deutschland im Jahr 2008 eingeführt. Eine gUG hat den Zweck, gemeinnützige oder mildtätige Ziele zu verfolgen. Im Gegensatz zur klassischen GmbH ist bei der gUG die Haftung der Gesellschafter auf das Stammkapital beschränkt. Das Mindest-Stammkapital für eine gUG beträgt jedoch nur 1 Euro, was den Einstieg in die gemeinnützige Arbeit auch für kleinere Organisationen erleichtert. Die erwirtschafteten Gewinne einer gUG dürfen nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, sondern müssen dem gemeinnützigen Zweck dienen.

gGmbH: Eine gGmbH ist eine gemeinnützige GmbH und verfolgt satzungsgemäß ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke. Im Wesentlichen unterscheidet sich die gGmbH von einer herkömmlichen GmbH durch den gemeinnützigen Zweck, den sie verfolgt. Die Haftungsregelungen und die Struktur sind ähnlich denen einer herkömmlichen GmbH, aber die gGmbH muss sicherstellen, dass alle Gewinne und Mittel ausschließlich dem gemeinnützigen Zweck zugutekommen und nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden.

Genossenschaft: Eine eingetragene Genossenschaft (eG) ist eine Rechtsform für Unternehmen, die auf den Prinzipien der Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung beruht. Sie wird von mehreren Personen oder juristischen Personen gegründet und ist durch ihre Mitglieder basisdemokratisch organisiert. Jedes Mitglied hat eine Stimme, unabhängig von der Anzahl der Anteile, die es hält. Die Mitglieder wählen aus ihrer Mitte einen Aufsichtsrat und können an der Entscheidungsfindung teilnehmen. Die eG ist verpflichtet, ihre Geschäftstätigkeit zum Wohle ihrer Mitglieder zu führen, wobei das Prinzip der Gewinnmaximierung nicht im Vordergrund steht.

Ein weiterer wichtiger Baustein des Verantwortungseigentums ist der sogenannte Asset Lock. Dieser besagt, dass weder das gesamte Unternehmen noch einzelne Anteile daran veräußert werden können und somit auch nicht mehr als Spekulations- oder Investitionsobjekt dienen.

Insbesondere das nachhaltige Wirtschaften steht somit im Fokus von Unternehmen in Verantwortungseigentum. Zudem zeichnen sich derartige Unternehmen meist durch hohe Transparenz und Wertschätzung der Mitarbeitenden aus. Der über allem stehende Purpose eint dabei das gesamte Unternehmen und stärkt den internen Zusammenhalt.

Vorteile von Unternehmen in Verantwortungseigentum

Mittlerweile sind bereits einige hundert Unternehmen in Verantwortungseigentum überführt worden. Beispielhaft sei hier die Suchmaschine Ecosia genannt. Doch auch international gibt es einige bekannte Beispiele wie das Outdoor-Bekleidungsunternehmen Patagonia oder die Bosch-Gruppe, welche durch ein Doppelstiftungsmodell geleitet wird. Eine Übersicht von Unternehmen in Verantwortungseigentum findest du hier.

Unternehmen in Verantwortungseigentum haben oftmals den Vorteil, dass sie durch ihre konkrete Zielsetzung Kunden sowie Mitarbeiter schnell von ihrem Purpose überzeugen können und damit eine relativ starke Bindung aufbauen. Zudem ist das Verantwortungseigentum nicht primär gewinnorientiert, was insbesondere für bestimmte Zielgruppen ein Vorteilsfaktor sein kann.

Verantwortungseigentum ermöglicht werteorientierten Unternehmen, den Wandel zu einer am Gemeinwohl orientierten Wirtschaft aktiv mitzugestalten. Der Impact und die Werte, welche derartige Unternehmen vertreten, finden dabei häufig große/n Anklang und Unterstützung.

junge Unternehmer sitzen am Tisch

Wie finanzieren sich Unternehmen in Verantwortungseigentum?

Verantwortungseigentum beruht auf der Bindung von Vermögenswerten, wobei Gewinne beschränkt entnommen werden können. Dies geschieht beispielsweise, um den Verantwortungseigentümer/innen eine angemessene Entlohnung für ihren Beitrag zum Unternehmen zu bieten.

Obwohl das Sinnprinzip die Wiederverwendung von Gewinnen zur Förderung der Unternehmensentwicklung vorsieht, ist es dennoch wichtig, dass Unternehmen im Verantwortungseigentum die Beschaffung von Wachstumskapital nicht vernachlässigen. Hierfür stehen verschiedene Optionen der externen Finanzierung zur Verfügung, darunter Eigenkapital in Form von nicht stimmberechtigten Anteilen mit Dividendenberechtigung, Eigenkapital mit einer Rückkaufoption zu einem festgelegten Preis, Anleihen oder Nachrangdarlehen.

Fazit

Purpose-Unternehmen tragen mit ihrem werteorientierten und sinnstiftenden Wirtschaften zur Nachhaltigkeitswende bei. Allerdings ist es eine Herausforderung, die Gewinne eines Unternehmens an einen bestimmten Zweck zu binden und gleichzeitig seine Eigenständigkeit zu wahren, da dies nicht einfach in einer Rechtsform umzusetzen ist, weshalb viel über die Einführung einer neuartigen Rechtsform diskutiert wird.

Verantwortungseigentum benötigt einen gewissen Idealismus von Unternehmen und Anteilseignern. Nichtsdestotrotz eröffnet diese Unternehmensform neue Wege in eine nachhaltigere Zukunft der Wirtschaft. Wenn die politischen Rahmenbedingungen verbessert werden und weitere Unternehmen diesen Schritt gehen, wird das Verantwortungseigentum in Zukunft eine deutlich größere Rolle spielen.

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